Deeskalation

Strategien bei herausforderndem Patientenverhalten

Immer öfter kommt es im Rahmen des normalen Spitals- oder Ambulanzbetriebes zu Übergriffen durch Patienten oder Angehörige. Drogen, Alkohol, Wahnvorstellung oder einfach nur erhöhte Aggressionspegel führen zur Gefährdung von medizinischem Personal.

Es müssen also nicht nur die Patienten geschützt werden, sondern zunehmend auch Ärzt/innen und Krankenhauspersonal. In vielen Krankenhäusern in der Steiermark sind deshalb Deeskalation, Schutz- und Abwehrtechniken bereits fester Bestandteil der Aus- und Weiterbildung.

Das Gesetz erlaubt Notwehr und Nothilfe in leib- und lebensbedrohenden Situationen, und zwar dem Angriff entsprechend angemessen und auch in der notwendigen Härte und Konsequenz. Wenn der Aggressor allerdings Patient ist, wird das Abwägen von Selbstschutz versus Schonung des anvertrauten Patienten zu einem komplexen Problem.

Das Konzept „Strategien bei herausforderndem Patientenverhalten“ ist ein Vier-Schritte-Programm.

1) Vorfeldvermeidung: In diesem Bereich hat jedes Krankenhaus großes Potenzial zur Verbesserung. Dazu zählt alles, was an räumlichen Gegebenheiten optimiert werden kann (Beleuchtung, Schlösser, Einsehbarkeit, Wege und Umwege etc.). Weiters individuelle Vorbereitung, d.h. rechtliche Aufklärung zum Thema Notwehr, gedankliche Auseinandersetzung mit potenziellen Gefahren, Erlernen von Sicherheitstechniken um Auftreten und Selbstbewusstsein zu verbessern etc. und die Vorbereitung im Team: Dienstübergabe, Alarmierungsmöglichkeiten, Vorausplanung für gefährliche Situationen etc.

2) Selbstschutz ohne körperlichen Einsatz: Dabei geht es um Wahrnehmen und Erkennen von potenziell gefährlichen Situationen, Körpersprache, um Grenzen setzen, verbal deeskalieren, Unbeteiligte schützen, Hilfe organisieren etc.

3) Selbstschutz mit körperlichem Einsatz: Auch in einem idealen Arbeitsumfeld kann es trotz guter Kommunikation und allen Versuchen der Deeskalation immer noch zu einem Zwischenfall kommen. Dann müssen Abwehrtechniken möglichst patientenschonend durchgeführt werden. Erst wenn Leben in Gefahr ist und nichts anderes mehr möglich ist, darf mit voller Härte Selbstschutz angewandt werden. Wichtig im Bereich der körperlichen Selbstverteidigung ist, dass wenige Techniken gezeigt werden, die einfach erlernt und gut beherrscht werden können. Und diese Techniken müssen auch immer wieder geübt werden.

4) Nachbereitung: Sollte es doch einmal einen Vorfall gegeben haben, wird die Situation evaluiert. Wie wurde gehandelt, was ist gut gelaufen, in welchen Bereichen sind Optimierungen nötig.

Mag. Gernot Riedl in Medical Tribune